WIE die Drucktechnik mit beweglichen Lettern, so ist auch die Fotografie nicht eine einmalige Erfindung gewesen. Nur wenig später als Louis Daguerre in Frankreich (1837) und William Talbot in England (1839) hatte auch ein Chinese ein fototechnisches Verfahren entwickelt. Zou Boqi, ein Wissenschaftler in der Provinz Guangdong, war gerade 25 Jahre alt, als ihm 1844 die Konstruktion eines ,,Apparats zum Bildermachen“ gelang. Daß im fernen Europa bereits Heliographien und Daguerrotypien bestaunt wurden, wußte er nicht. Sein Name ist fast in Vergessenheit geraten, denn in China verbreitete sich dann die Fototechnik aus Europa und nicht seine Erfindung.
Die Bilder auf dieser Seite sind dem Fotoband ,,A Collection of Pictures of Early-Period Chinese Photography“ entnommen, herausgegeben vom Chinesischen Verlag für Fotografie. Sie zeigen einen Zahndoktor bei seinem beherzten Zugreifen (aufgenommen um die Jahrhundertwende), drei Frauen im Jahre 1907 vor einem Gericht in Shanghai, wobei wir nicht wissen, wessen man sie beschuldigt hatte, und einen Wahrsager mit einem Kunden.
Obwohl bereits um 1850 in mehreren Städten Chinas Fotostudios eröffnet worden waren, dauerte es sehr lange, bis in diesem weiten Land das Fotografieren einem größeren Teil der Bevölkerung bekannt wurde.
Der chinesische Erfinder der Fotografie, Zou Boqi, starb 1869 im Alter von nur 50 Jahren. Immerhin hatte er noch einigen Erfolg als Fotograf gehabt.
Atze Schmidt